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Was war vor 1870?

Eine Stadt mit einer mehr als 1000-jährigen Geschichte besitzt Aktenmaterial beginnend seit Ende des 19. Jahrhunderts, dies ist wahrlich schwer zu glauben. Der erste gesicherte Hinweis auf Schwandorf ist frühestens um das Jahr 1006 zu datieren, als "Warmunt, ein adeliger Ministeriale des Abtes Richolf von St. Emmeram in Regensburg, anlässlich des Klostereintritts seines Sohnes diesem Konvent eine Hube am Naabfluss in Suainicondorf schenkte". (1)
Diese Vermutung des Nichtvorhandenseins geschichtlicher Unterlagen wird auch durch einen Bericht des Reichsarchivsekretärs Heigel aus München, welcher im Jahre 1876 die Oberpfalz besuchte und über das Stadtarchiv Schwandorf Folgendes zu berichten wusste, untermauert: "Hier sah ich noch den Platz, wo einst ein kleines städtisches Archiv untergebracht war, - die Archivalien selbst wurden vor einigen Jahren an einen Buchbinder verkauft. Nur ein Transsumtlibell über die Freiheitsbriefe der Stadt 1299 - 1650 und ein paar ältere Salbücher sind noch vorhanden." (2)
Gab es wirklich keine Bestände vor 1870? In vielen "Aktenhaufen", welche mit Schnüren zusammengebunden waren, lagerten interessante Einzelstücke, so z.B. - der Berichterstattung Heigels entsprechend - drei Salbücher, deren Eintragungen um das Jahr 1590 beginnen. Auch umfangreiche Rechnungsbände (älteste Rechnung 1599) konnten gefunden - oder besser: wiedergefunden - werden.

Heute im Jahre 2011 kann die Stadt Schwandorf auf ein Archiv mit zur Zeit ca. 40.000 Einzelarchivalien stolz sein. Das älteste Stück, eine Urkunde aus dem Jahre 1452, steht am Anfang einer Reihe von derzeit 15 Findbüchern. Ein Findbuch ist nach einer Registraturordnung des 19. Jahrhunderts aufgebaut. So kann man unter "Titel I Königliches Haus und auswärtige Souveraine" unter Nr. 1 etwas über die Durchreise Ihrer Majestäten des Kaisers und der Kaiserin von Russland nachlesen.
Das Aktenmaterial der Stadt Schwandorf ist nun bis 1945 erschlossen und kann den geschichtsinteressierten Bürgern zur Verfügung gestellt werden. Die stetig steigenden Besuchstage (Summe der Besucherzahlen an allen Öffnungstagen) von ca. 200 pro Jahr bestätigen ganz eindrucksvoll die Akzeptanz des Stadtarchivs, in dem es möglich ist, die eigene Geschichte zu erforschen.



Anmerkungen:

(1) Rainer Scharf, Die Herrschaftsgeschichte Schwandorfs von den Anfängen bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts.
In: Schwandorf in Geschichte und Gegenwart. Stadtchronik, hrsg. von der Stadt Schwandorf, Bd. 1: Chronologie, Schwandorf 2001, Seite 51-72, hier Seite 51
(2) [KARL THEODOR VON] Heigel, Aus städtischen Archiven Altbayerns.
In: Archivalische Zeitschrift 1 (1876) Seite 230 - 245, hier Seite 238f.