Stadtgeschichte
Flüsse bestimmten zu allen Zeiten die historischen Verkehrswege und Siedlungspunkte. Sie gaben dem Menschen gleichsam die Richtung seines Strebens oder den Ort seiner Niederlassung vor und verbanden ihn darüber hinaus mit den ferneren Kultur- und Wirtschaftsräumen.
Das Gebiet der heutigen Stadt Schwandorf liegt nicht nur vorteilhaft an der Naab, sondern überdies an der Schnittstelle von vier Senken. Diese verkehrsgeographischen Faktoren prägten die einstigen Wander- und Handelsrouten, verhalfen dem Ort schließlich zu einer Art „Drehscheibenfunktion“ und banden ihn in die verschiedenen vor- und frühgeschichtlichen Phasen der Begehung und Besiedlung ein.
Da wir uns mit der Stadtgeschichte jedoch bis zu ihrer urkundlichen Ersterwähnung um 1006 in einer völlig schriftlosen Zeit befinden und obendrein die historischen Schlussfolgerungen fast durchwegs auf Lesefunden basieren, bleibt so manches im Unklaren und vieles gar im Dunkeln.
Für die lange Zeitspanne von der Mittleren Altsteinzeit bis zum Neolithikum haben sich nur Steinwerkzeuge, sogenannte Silices, erhalten. Ein nicht unwesentlicher Teil der Gerätschaften und Jagdwaffen aus Holz und Knochen, aber auch Kleidung aus Fell und Leder sowie Behältnisse aus Tierhäuten sind jedoch längst vergangen.
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Mittlere Altsteinzeit (Mittelpaläolithikum): vor ca. 40000 Jahren
Der früheste Nachweis für den Aufenthalt von Menschen im Stadtgebiet datiert in die Spätphase des Neandertalers (homo sapiens neanderthalensis). Ein Kernstein, ein Schaber und ein Kratzer aus Hornstein von der Ettmannsdorfer Flussterrasse*** lassen vermuten, dass dieser Seitenzweig des modernen Menschen hier vor etwa 40000 Jahren ein Jagdlager in der damals trockenkalten Tundrenlandschaft errichtete. Die Spuren dieser kurzzeitigen Unterkunft sind freilich längst verebnet.
* Funde in Privatbesitz
** Funde im Besitz des Historischen Museums in Regensburg, Dachauplatz 2 – 4
*** Funde im Stadtmuseum Schwandorf, Rathausstraße 1
Text, Fotos und Reproduktionen: Hans-Werner Robold M.A.
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Ausgehende Altsteinzeit (Jungpaläolithikum): vor ca. 12000 Jahren
Der moderne Mensch (homo sapiens sapiens) wird im Stadtgebiet erst sehr spät, nämlich gegen Ende der letzten Eiszeit fassbar. Er war ebenfalls Jäger und Sammler und durchstreifte – wie vor ihm der Neandertaler – in kleinen Sippenverbänden die Flusstäler auf der Suche nach Jagdbeute, die zu der Zeit hauptsächlich aus Rentieren und Wildpferden bestand.
Im Bereich der Stadt finden sich seine Spuren in Form von Hornsteinabschlägen, die er teils bereits als Werkzeuge benützte, teils zu zweckdienlichen Gerätschaften weiter verarbeitete. Sie wurden auf der westlichen Ettmannsdorfer Flußterrasse***, zwischen Oder* und Klardorf* und bei Lindenlohe* sowie Hartenricht* aufgelesen und sind Indizien für die ehemalige Existenz kurzzeitiger Lagerplätze.
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Mittlere Steinzeit (Mesolithikum): etwa 9600 - 5500 v. Chr.
Mit dem Ende der Eiszeit setzte ein rascher klimatischer Umschwung ein. Die nun wärmeren Temperaturen führten zu einer zunehmend dichten Mischbewaldung. Damit änderte sich auch das Nahrungsangebot der noch immer nomadisierenden Menschen. Rehe, Hirsche, Auerochsen und Wildschweine standen jetzt auf dem Jagd- und Speiseplan, Früchte und Beeren bereicherten das tägliche Mahl.
Die Vielzahl von Fundplätzen mit steinernen Hinterlassenschaften zeigt, dass kaum ein Flecken von den wandernden Familienverbänden unaufgesucht blieb. Deutlich wird in der Steinbearbeitung der Trend zu immer kleineren Klingenabschlägen, die dann durch gezieltes Zerbrechen als Mikrolithen (griech.: = kleine Steine) zu spezialisierten Geräten wie z. B. Pfeilspitzen oder Widerhaken in Harpunen weiterverarbeitet wurden.
Zahlreiche Lesefunde* der letzten Jahre westlich der Naab von Bubach bis Fronberg und östlich von Auhof bis Lindenlohe deuten auf viele kurzzeitige Jagdlager. Ältere Funde stammen von der Flussterrasse bei Ettmannsdorf***, Krumlengenfeld*** und Krondorf***.
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Jungsteinzeit (Neolithikum): etwa 5500 - 2300 v. Chr.
Die Bevölkerung der Jungsteinzeit, die sich vermutlich allgemein aus den Jägern und Sammlern der vorangegangenen Epoche und innovativen Zuwanderern aus Südost-Europa zusammensetzte, bewirkte einen radikalen sozialen und wirtschaftlichen Umschwung, dessen revolutionäre Auswirkungen bis in unsere Gegenwart prägend bleiben: Der Mensch wurde sesshaft und errichtete Häuser. Ackerbau und Viehhaltung lösten nun weitgehend die Jagd als Nahrungserwerbsquelle ab. Großangelegte Rodungen schufen den Raum für Dörfer und Äcker, Besitz veränderte das Sozialgefüge, erzeugte Macht und führte zu ersten politischen Strukturen. Erfindungen wie die Töpferei, Weberei, Steinschliff und Steinbohrung formten ebenfalls den Alltag der Menschen nachhaltig.
Das Stadtgebiet weist Funde aus verschiedenen jungsteinzeitlichen Kulturepochen auf. Meist handelt es sich dabei um Klingen aus Hornstein, steinerne Pfeilspitzen und manchmal Steinäxte. Keramikfragmente, also Scherben von Tongefäßen, sind auch in der weiteren Region eher eine Seltenheit. Sie muss man aber als eigentliche Indikatoren einer Siedlungstätigkeit sehen. Auf der östlichen Ettmannsdorfer Flussterrasse wurden einige Fragmente** gefunden, die der sogenannten Oberlauterbacher Gruppe aus der Zeit um 4900 – 4500 v. Chr. zugerechnet werden. Im Bereich Eglsee könnten vielleicht ebenfalls ein paar Scherben auf einen neolithischen Kontext hindeuten.
Da die Bodenbeschaffenheit der Region nördlich der Donau für den Ackerbau jedoch wenig verlockend war und sich allgemein wenig Spuren einer Besiedlung in der frühen Jungsteinzeit im gesamten Landkreis finden, muss es dahingestellt bleiben, ob hier möglicherweise zu der Zeit einzelne Gehöfte bestanden haben.
Erst für die späte Jungsteinzeit werden die Anzeichen einer möglichen Niederlassung durch Angehörige der sogenannten Chamer Gruppe (etwa 3200 – 2300 v. Chr.) konkreter. Östlich der Naab wurden nämlich im Süden Ettmannsdorfs Gefäßscherben** und auf der anderen Seite des Flusses steinerne Pfeilspitzen*** und das Fragment eines Dolches*** aus Baiersdorfer Hornstein gefunden. Weitere Pfeilspitzen sowie Hornsteinklingen brachten Begehungen auf dem westlichen Naabufer bei Bubach*, Wiefelsdorf***, Gögglbach* und Krondorf*.
Schon älter ist der Fund eines spitznackigen Steinbeiles* bei Klardorf, das möglicherweise noch der Altheimer Kultur (um 3800 – 3200 v. Chr.) zuzurechnen ist. Darüber hinaus wurde 1964 bei Fronberg eine durchbohrte Steinaxt*** gefunden, eine weitere*** vor einigen Jahren etwas außerhalb des Stadtgebietes bei Deiselkühn.
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Bronzezeit: etwa 2300 - 800 v. Chr.
Die technische Neuerung des Bronzegusses zur Herstellung von Waffen und Werkzeugen läutete allgemein in Europa das Metallzeitalter ein, obwohl Steinfabrikate noch lange Verwendung fanden. Der Handel mit den zur Herstellung benötigten Rohstoffen Kupfer und Zinn führte zu einem weit gespannten Kontakt- und Wirtschaftsgeflecht. Aus der Kontrolle dieser Verbindungen erwuchsen erste elitäre Oberschichten, deren Statussymbole Pferd und Rüstung sowie bronzene Schwerter, Dolche und Prunkbeile waren. Ihr Führungsanspruch drückte sich zudem auch durch Bestattungen unter zum Teil monumentalen Hügelgräbern aus.
Im Ortsteil Fronberg wurde im Jahr 1914 an heute unbekannter Stelle ein mittelbronzezeitlicher Grabhügel angeschnitten, dessen Funde – Armringe und Keramikfragmente - verschollen sind. Einige Tonscherben aus Lindenlohe*, Bubach* und Zielheim* könnten allerdings Indiz für eine verstreute Siedlung kleinerer Art sein.
Ein aus einer Schwemmsandinsel in der Naab bei Ettmannsdorf ausgebaggerter bronzener Angelhaken* deutet auf Fischfang, muss aber nicht unbedingt in die Bronzezeit datiert werden. Er besitzt keinen wirklichen Aussagewert.
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Urnenfelderzeit: etwa 1200 - 800 v. Chr.
Als Urnenfelderzeit wird die späteste Phase der Bronzezeit, die bereits in die Eisenzeit überleitet, bezeichnet. Nicht mehr die Bestattung unter Grabhügeln, sondern die Verbrennung der Toten und Beisetzung der Leichenbrandreste in Urnen und Flachgräbern wurde nun Brauch. Im Jahr 1864 entdeckte man im heute überbauten Gelände zwischen Bahnhof- und Postgartenstraße ein Flachgräberfeld mit Urnenbestattungen, dessen Funde allerdings verschollen sind. Ein wissenschaftlich nie untersuchtes Urnenfeld „im Bereich der Stadt“ lieferte bereits vor Jahrzehnten sporadische Lesefunde, darunter ein Bronzemesser**. Im Oktober 2004 stieß man in der Flur „Lohfeld“ am nördlichen Ortsrand von Krondorf bei einer wissenschaftlichen Ausgrabung auf ein verackertes Urnengrab mit Resten von Leichenbrand. Da aber das Gefäß fast bis auf den Boden zerstört war, ließ sich die Bestattung anhand der Beschaffenheit der Keramik nur mit Vorbehalt der Urnenfelderzeit zuordnen und könnte vielmehr auch die nachfolgende Epoche der frühen Hallstattzeit betreffen. Dasselbe gilt auch für die weiteren Scherbenfunde im Bereich der Grabung. Die schon im Luftbild festgestellten Bewuchsmerkmale erwiesen sich zwar eindeutig als Pfosten- und Siedlungsgruben, konnten aber mangels aussagekräftiger Funde keiner exakten Zeit zugeordnet werden.
Im Neubaugebiet Eglsee Nord und Süd wurden 2007 bei einer archäologischen Untersuchung die Umrisse eines Grubenhauses ergraben. Das wenige Scherbenmaterial im Umfeld könnte auf eine Datierung in die späte Bronze- bis frühe Eisenzeit weisen.
Außerdem wurden in den vergangenen Jahren auch im Süden von Ettmannsdorf*** und bei Bubach*, Niederhof* und Zielheim* mehrere Tonscherben aufgelesen. Wiederum aus der Region Krondorf, stammt ein bronzenes mittelständiges Lappenbeil*, das schon vor 23 Jahren von einem Bauern gefunden worden war und eindeutig der Urnenfelderkultur zuzurechnen ist.
So hat es den Anschein, als hätte es in der Spätphase der Bronzezeit im Stadtgebiet keine zusammenhängende Siedlung gegeben. Vielmehr ist womöglich von einer unbekannten Anzahl verstreuter Gehöfte auszugehen. Ob diese auch zeitgleich bestanden haben, kann nicht geklärt werden.
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Hallstattzeit: etwa 800 - 450 v. Chr.
Seit der Sesshaftwerdung in der Jungsteinzeit brachte die Hallstattzeit die wohl radikalste Veränderung für den Menschen: Die Verhüttung des Eisens als Ausgangsstoff für Waffen, Rüstungen und Werkzeuge revolutionierte Politik, Wirtschaft und Alltag der vorgeschichtlichen Menschen. Gleichzeitig erfolgte die Zuwanderung eines neuen Volkes in unser Gebiet: Die Kelten überlagerten die bereits ansässige bronzezeitliche Bevölkerung und lösten deren Herrenschicht ab. Neue Fernverbindungen mit dem Mittelmeerraum bestimmten nunmehr auch das kulturelle Gepräge der weiteren Region.
Im Weichbild der Stadt, zwischen Naabsiegenhofen und Gögglbach, wurden bereits 1902 verschleifte Grabhügel ausgeackert und dabei ein Bronzeschwert** und ein Ortband** (Scheidenbeschlag) sowie Scherbenmaterial** gefunden. In den 50er Jahren entdeckte man dann an selber Stelle rollrädchenverzierte Bruchstücke mehrerer Tongefäße.
Von der östlichen Naabterrasse südlich von Ettmannsdorf stammen einige Fragmente einer oberflächengraphitierten, verzierten Tonschale***. Weitere Funde ergaben Lindenlohe* und Fronberg*. Ob sie Gräbern oder einer Siedlung zuzuordnen sind, lässt sich nicht sagen.
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Latènezeit: etwa 450 - 15 v. Chr.
Diese jüngere Phase der Eisenzeit ist im Stadtgebiet durch mehrere Lesefunde belegt: Von der Flussterrasse südlich von Ettmannsdorf stammen graphittondurchsetzte Tonscherben***, aus den Bereichen südlich von Gögglbach und Höflarn weitere Gefäßfragmente*, außerdem wurde in der Nähe des Landratsamtes das Bruchstück einer frühlatènezeitlichen Augenperle* gefunden.
Die mittlere Laténezeit lieferte bisher keine Funde. Dagegen existieren aus der Spätlaténe-Phase einige Scherben*** aus Krondorf, darunter eine mit Kammstrichdekor. Als Sensation aus dieser Epoche kann allerdings die 1997 durch Luftbildprospektion entdeckte keltische Viereckschanze südwestlich von Naabsiegenhofen gelten, deren Umrisse sich deutlich im Gelände abzeichnen. Im weiteren Umkreis können bisher nur Lauterhofen und Berngau (beide Landkreis Neumarkt in der Oberpfalz) mit einer solchen Anlage, die ehemals wohl kultisch-religiösen Zwecken diente, aufwarten.
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Römische Kaiserzeit/Germanische Völkerwanderung: 27 v. - 6. Jhdt. n. Chr.
Mit dem überfallartigen Eindringen germanischer Stammesgruppen in den keltischen Siedlungsbereich unserer Region und der steigenden Präsenz des römischen Imperiums südlich der Donau reißen die Funde abrupt ab. Zwar wurde eine römische Münze* aus dem Jahr 276 n. Chr. bei Naabeck aufgelesen und in einer Gärtnerei in Schwandorf, Hohenbogenstraße, die Bodenscheibe** einer möglicherweise mittelrömischen Bronzekanne entdeckt, doch besitzen beide Funde keinen wirklichen Aussagewert. Allgemein kann man feststellen dass sich seit ungefähr der Zeitenwende bis zur Mitte des 4. Jahrhundert n. Chr. keine germanischen Siedlungen in der weitesten Region nachweisen lassen. Für den Stadtbereich Schwandorf gilt dies sogar bis ins frühe Mittelalter des 8. Jahrhunderts.
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Frühmittelalter: 6. bis 10. Jahrhundert
Der Untergang des römischen Reiches unter dem Druck germanischer Völkerschaften hatte ein Macht- und Siedlungsvakuum hinterlassen, das schließlich im 5. und 6. Jahrhundert durch die Franken und Volkssplitter verschiedener germanischer Herkunft, die als bereits Eingesessene den Namen Bajuwaren erhielten, gefüllt wurde. Ihre Spuren sind allerdings im Stadtgebiet nicht nachweisbar. Erst für das 8. Jahrhundert lässt sich wieder eine Bevölkerung feststellen.
Im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts nämlich wurden in Krondorf beim Neubau eines Stall- und Wirtschaftsgebäudes im Garten eines Gasthauses am nordöstlichen Ortsende mehrere Bestattungen eines karolingerzeitlichen Reihengräberfeldes angeschnitten. Die Skelette lagen angeblich mit Blick nach Osten in sechs Fuß, also etwa 1,80 m Tiefe. Die Grabbeigaben**, darunter ein zweischneidiges Eisenschwert (Spatha), 28 sogenannte Schläfenringe, mehrere farbige Perlen sowie eine Bergkristallperle verkaufte ein Schwandorfer Händler kurz nach 1875 an das Stadtmuseum Regensburg. Ohne Zweifel deuten die Beigaben auf heidnische, nach gängiger Forschungsmeinung slawische Bestattungsbräuche, wobei zu dieser Zeit allerdings ebenso die bajuwarische Bevölkerung durchaus noch ihren alten Göttern anhing.
Ob damals auf dem anderen Naabufer auch schon das um 1006 erstmals schriftlich erwähnte Suainicondorf bestand, kann aus Mangel an historischen und archäologischen Quellen nicht bestimmt werden. Derlei Erstnennungen sind sowieso rein zufällig erhalten und sagen über das wirkliche Alter eines Ortes, das meist viel weiter in die Vergangenheit reicht, nichts aus.
Anlässlich der Erdarbeiten für die Erweiterung des Fernwärmenetzes und der Kanalsanierung wurde 2013 in der Altstadt eine archäologische Baubegleitung in Auftrag gegeben. Die Funde und Befunde datierten durchwegs erst ins hohe bzw. späte Mittelalter und in die frühe Neuzeit. Dabei ist es freilich sehr wahrscheinlich, dass tiefer liegende vor- und frühgeschichtliche und womöglich auch frühmittelalterliche Horizonte ganz einfach nicht angeschnitten wurden.
Die gesamte Region war im frühen Mittelalter Grenzgebiet zu den Slawen und stand unter fränkischer Vorherrschaft, wobei der Ort Premberg an der Naab im Jahr 805 als Kontrollstation Karls des Großen für den Handelsverkehr nach Osten erwähnt wird. Mit einem räumlichen Neben- oder vielleicht sogar Miteinander bajuwarischer und slawischer Kulturgruppen ist dabei sicher zu rechnen.
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Text: Hans-Werner Robold M.A.
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Mittelalter- und Neuzeit
Zum Ortsnamen "Schwandorf"
Der Ortsname wurde um 1006 in einer Urkunde des Klosters St. Emmeram zu Regensburg erstmals schriftlich als Suainicondorf erwähnt und führte in der Vergangenheit zu teils abenteuerlichen Deutungsversuchen. Doch ist wohl am wahrscheinlichsten und weitgehend in der Forschung akzeptiert die Herleitung Wolf-Armins von Reitzenstein (Lexikon bayerischer Ortsnamen, 1986, S. 343 s. v. Schwandorf) aus dem Personennamen Sweinico. Ur-Schwandorf wäre somit eine Gründung eines Mannes mit Namen Sweinico, der vielleicht dem niederen Adel möglicherweise schon karolingischer, auf jeden Fall aber ottonischer Zeit angehört hat. Endgültig wird sich der Ursprung des Ortsnamens allerdings auch in Zukunft nicht klären lassen.
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Schwandorfer Wappen
Ebenso wie der Name Schwandorfs blieb lange Zeit auch das Wappen der Stadt ein Rätsel und gab zu sagenhaften Deutungen Anlaß: Der Pfalzgraf Ruprecht soll bei einer Hirschjagd im Morast der Naab steckengeblieben sein und seinen Stiefel verloren haben. Als die Einwohner Schwandorfs beim Eintritt in die Stadt über das fehlende Beinkleid schmunzelten, soll ihnen der Fürst den Stiefel im Wappen vermacht haben. Andere Erzählungen schicken den Pfalzgrafen gar auf die Pirsch nach badenden Mädchen in der Naab, wobei er wieder seines Stiefels verlustig ging und so der Stiefel ins Wappen kam.
Wenn Schwandorfs slawische Vergangenheit vorausgesetzt werden darf, dann wird auch der Stiefel im Wappen plausibel: Ursprünglich handelte es sich nämlich um nichts anderes, als um einen slawischen Schnürschuh, der heute noch im Volksmund als "Zischpn" bekannt ist. Als Herzog Rudolf das Wappen mit dem Stiefel verlieh, erinnerte er damit an nichts anderes, als die slawischen Anfänge der Stadt. Weitere Kennzeichen im Schwandorfer Wappen sind der Pfälzische Löwe und das Rautenmuster der Wittelsbacher. Damit gleicht das Wappen bis auf den Stiefel dem der Stadt Amberg.
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Vom Markt zur Stadt
Die günstige Lage Schwandorfs an der Kreuzung der Naabachse und einer von Amberg kommenden und in die Further Senke führenden Altstraße dürfte zu einer schnellen Entwicklung der Ortschaft geführt haben, die schließlich im Jahre 1299 die Privilegien einer "Bürgerlichen Rechtsgemeinde" erhielt. Bereits vor 1234 war Schwandorf mit dem Sitz eines herzoglichen Amtes Verwaltungsmittelpunkt geworden, 1285 wird der Ort als "Markt" bezeichnet. Der Bau einer Stadtbefestigung setzte das Stadtrecht voraus. Die Hussitenkriege im ersten Drittel des 15. Jahrhunderts dürften die Errichtung einer Stadtmauer erzwungen haben und wenige Jahre nachdem die Hussiten nach der Schlacht bei Hiltersried im Jahre 1433 ihre entscheidende Niederlage erlitten hatten, erhielt die Stadt Schwandorf das Stadtrecht. Eine Urkunde darüber ist leider nicht erhalten, doch wird das Jahr 1451 als Jahr der Stadterhebung angesehen. Nach dem Landshuter Erbfolgekrieg gehörte Schwandorf ab 1505 zum Herzogtum Pfalz-Neuburg.
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Schwandorf als kirchlicher Mittelpunkt
Wie bereits anfangs erwähnt, besaß das mächtige Kloster von St. Emmeram in Regensburg in und um Schwandorf umfangreiche Besitzungen. Im Jahre 1286 dürfte Schwandorf bereits mit dem Sitz eines Dekans auch kirchlicher Mittelpunkt gewesen sein. Um 1400 scheint mit dem Bau der heutigen Stadtpfarrkirche St. Jakob begonnen worden zu sein. Ein Pfarrer, ein Gesellpriester, zwei Kapläne, ein Frühmesser, ein Engelmeßkaplan, ein Vikar in Haselbach und ein Vikar in Kronstetten gehörten zur personellen Ausstattung der Pfarrei Schwandorf im Jahre 1423.
Nach dem Neuburger Edikt des Kurfürsten Ottheinrich im Jahre 1542 wurde Schwandorf evangelisch und blieb es bis zur Rekatholisierung durch Herzog Wolfgang Wilhelm im Jahre 1617. Die 1568 errichtete Salvatorkirche wurde beim Bombenangriff am 17. April 1945 schwer beschädigt ebenso wie das evangelische Gotteshaus an der Bahnhofstraße, das fast vollständig zerstört wurde.
Weit vor den Toren Schwandorfs lag früher der Kreuzberg, der inzwischen mitten im Stadtgebiet liegt. Mit dem Bau der Marienkirche auf dem Kreuzberg, die das Stadtbild überragt und entscheidend mitprägt, war im Jahre 1679 begonnen worden. Das Gnadenbild wurde schnell beliebt und ist heute noch ein vielbesuchtes Wallfahrerziel.
Kein so langes Leben wie dem Kreuzbergheiligtum war dem 1685 erbauten Kapuzinerkloster beschieden: Es wurde 1802 mit der Säkularisation aufgelöst.
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Schwandorf in Kriegszeiten
Nach alter Überlieferung suchten im Jahre 1427 die Hussiten Schwandorf heim. Im Landshuter Erbfolgekrieg des Jahres 1504 soll ein Großteil der Stadt abgebrannt sein und während des 30jährigen Krieges nahm der Schwedengeneral Baner die Stadt ein. 1796 kam es im französisch-österreichischen Krieg zur Beschießung der Stadt durch die französischen Truppen unter Jourdan.
Als der 1. Weltkrieg bereits zu Ende war, kam es schließlich am Aschermittwoch 1919 zu einer Explosion eines Pulvermagazins im Bereich des heutigen Schützenheims: Eine Tote, etwa 50 Verletzte und ein hoher Sachschaden waren die verheerenden Folgen. Die Ursache wurde nie ganz aufgeklärt.
Schwandorfs schwerste Stunde schlug während des 2. Weltkrieges, als am 17. April 1945 ein britisch-kanadischer Bomberverband den Eisenbahnknotenpunkt bombardierte. Innerhalb von 15 Minuten ging eine Bombenlast von 633 Tonnen auf die Stadt hernieder. Das Bahnhofsviertel sowie das Kreuzberg- und das Lindenviertel wurden weitgehend zerstört. Die Zahl der identifizierten Toten wird mit etwa 1250 angegeben. Eine genaue Zahl ließ sich nicht ermitteln, nachdem die Stadt kurz vor dem Zusammenbruch des 3. Reiches voll von rückflutenden Soldaten, Flüchtlingen und evakuierten KZ-Häftlingen war, die nirgends registriert waren. Es steht sogar die Zahl von 2000 Opfern des Angriffs im Raum. 70 Prozent der Gebäude wurden mehr oder weniger in Mitleidenschaft gezogen, nur etwa 20 Prozent der Anwesen waren unversehrt geblieben. Schwandorf zählte damit zu den am schwersten vom Krieg gezeichneten Städten in Bayern. In beispielhafter Aufbauarbeit wurde innerhalb von 10 Jahren ein Großteil der zerstörten Gebäude wieder errichtet. Man sprach sogar von dem "Wunder von Schwandorf".
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Die Stadt im 19. und 20. Jahrhundert
Mit der Auflösung des Pfleggerichts verlor Schwandorf eine wichtige Mittelpunktsfunktion, die ihr jedoch mit dem Bau der Eisenbahn wieder zufiel: Am 12. Dezember 1859 wurde die Ostbahnlinie Nürnberg - Schwandorf - Regensburg offiziell seiner Bestimmung übergeben. Am 1. Oktober 1863 wurde die Strecke Schwandorf - Weiden eröffnet, die schließlich 1865 bis Eger verlängert wurde.
Mit der Strecke Schwandorf - Cham - Furth - Pilsen - Prag, die im September 1861 durchgängig befahrbar war, wurde Schwandorf zur Eisenbahndrehscheibe Nord/Süd - Ost/West und blieb es bis heute, obwohl die Stadt leider nicht mehr als "Eisenbahnerstadt" bezeichnet werden kann, wie es in früheren Zeiten üblich war.
Mit der Eisenbahn begann die Industrialisierung der Stadt, wobei das Löllsche Tonwerk im Jahre 1863 den Anfang machte. Durch die Anstrengungen des Technikpioniers Oskar von Miller bekam Schwandorf vor genau 100 Jahren, im Jahre 1895 als erste Stadt der Oberpfalz elektrischen Strom. Ein weiterer Meilenstein bedeutete die Errichtung des Bayernwerkes in Schwandorf-Dachelhofen im Jahre 1928, dem 1936 das Aluminiumwerk folgte.
Nachdem Schwandorf 1920 kreisfrei geworden war, blieb es die Stadt mit einer kurzen Unterbrechung nach dem 2. Weltkrieg, bis zum Jahre 1972, als sie im Zuge der Verwaltungsreform der Sitz des Landratsamtes des neugegründeten Großlandkreises Schwandorf wurde.
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Schwandorf heute
Im Verlauf der letzten 25 Jahre hat Schwandorf sein Gesicht stark gewandelt. Nachdem der Fernverkehr, der sich früher mühsam über den Marktplatz und durch die Friedrich-Ebert-Straße quälte, mit dem Bau der Autobahn und einer Umgehungsstraße an der Stadt vorbei geleitet werden konnte, wurde nach längerer Untersuchungs- und Planungsphase mit der Aufstellung eines Bebauungsplans für den Bereich "Brauhausstraße" im Jahre 1979 mit der Stadtsanierung begonnen.
In der Zwischenzeit wurden weitere Sanierungsgebiete ausgewiesen, die nach und nach realisiert werden. Die Naabuferstraße entlastet inzwischen die Innenstadt, das Hubmannwöhrl wurde zum Stadtpark. Drei Parkhäuser - "Naab" (Ettmannsdorfer Straße), "Rathaus" (Böhmische Torgasse) und "Bahnhof" (Bahnhofstraße) - mit über 1000 Stellplätzen wurden errichtet, der Marktplatz umgestaltet und zum Teil verkehrsberuhigt.
Mit der Umgestaltung im Bereich "Breite Straße" und der Errichtung des Elisabethenheimes an der Bahnhofstraße wurden neue städtebauliche Schwerpunkte gesetzt. In den dadurch frei gewordenen Gebäuden des Altenheimes an der Fronberger Straße, die mit einem neuen Zwischentrakt verbunden sind, ist das neue Rathaus entstanden.
Einiges wird sich noch im Stadtbild von Schwandorf verändern, doch werden die Veränderungen lange nicht mehr so gravierend sein, wie die Maßnahmen der letzten zwei Jahrzehnte.
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